„Bei Mr. Right ist immer etwas falsch!“
Passgenaue Rekrutierung beginnt schon weit vor dem Sichten erster Bewerbungen. Denn vor der Ausschreibung kommt die Beschreibung: Worum geht es, wen brauchen wir dafür, was soll sie/er mitbringen? Zugegeben: Es gibt immer wieder Positionen mit sehr komplexen Anforderungen. Das Aufgabenspektrum ufert dann zur Werksbesichtigung aus, das veröffentlichte Profil beschreibt einen naturwissenschaftlich promovierten, trilingualen Zehnkämpfer mit langjähriger Vertriebsexpertise. Gesucht wird also die eierlegende Wollmilchsau, gefunden werden nur bunte Vögel. Wenn überhaupt. Am Ende lauert der Frust und danach der Headhunter.
Merke: Wer blau und gelb ordert, bekommt grün. Wer „oder“ ordert, bekommt nix.
Okay, bis hierhin war alles etwas überspitzt und wenig hilfreich, um schwierige Positionen besser zu besetzen. Werden wir konkret: Gesucht wird „ein/e Betriebswirt/in oder ein/e Jurist/in als Leiter/in Personal“. Welch ein Zufall… aber kein Fake, aktuell auf einem deutschen Jobboard. In dieser Funktion ein gerne gewählter Profilspagat. Was passiert nun beim Kandidaten? Der Betriebswirt denkt: Wenn die Position auch durch einen Volljuristen besetzt werden könnte – wie groß sind dann meine Chancen? Wie hoch ist die Erwartungshaltung? Der Jurist denkt sich: Wenn die Position auch durch einen Betriebswirt besetzt werden kann – wie hoch sind dann die Ansprüche (= Gehalts-level, Verantwortungsspanne!)? Zwischenstand: In beiden Zielgruppen kommen erhebliche Zweifel auf. Zweifel an sich selbst, dem ausschreibenden Unternehmen, an der Sinnhaftigkeit, sich hier überhaupt zu bewerben. Endstand: Bevor man Zeit investiert und einen Misserfolg riskiert, wendet man sich gleich der nächsten Anzeige zu, Angebote gibt es für beide Zielgruppen ja reichlich…
Fakten, Fakten, Fakten.
Was tun? Jobtitel und Profil so formulieren, wie ein Musterkandidat sich selbst sucht. Eindeutige Begriffe wählen und die Sprache verwenden, die ein Personaler umgekehrt auch vom Kandidaten erwarten würde: präzise, glaubwürdig, kurz. Fakten schlagen Fantasie. Der Rekrutierer sortiert rasch die Bewerber aus, die ihre Persönlichkeit nicht konkret, plausibel und überzeugend darstellen können: „Ich kann mir kein Bild machen.“ oder „Die Bewerbung wirkt nicht glaubwürdig.“ Kurzerhand: Absage. In Zeiten leergefegter Arbeitsmärkte schmerzt das aber besonders. Was mich verwundert, ist folgendes: Angeblich hat sich alles gewandelt, heute bewerben sich Arbeitgeber beim künftigen Arbeitnehmer – warum legt Ihr dann an Eure eigenen Ausschreibungen nicht die gleichen Maßstäbe an, die Ihr bei der Bewerbung fordert? Warum sagt Ihr nicht genau, was Ihr wollt? Wer Ihr seid, was Ihr bietet, warum ich meine Zukunft zu Eurer machen soll? Aber bleiben wir konkret. Eine lobens- und lesenswerte Umfrage aus dem Hause „softgarden“ (brandaktuell, Januar ’18) befasst sich mit den Kandidatenerwartungen an Stellenanzeigen. Insbesondere mit den Inhalten, mit der herausragenden Bedeutung präzise formulierter Texte.
Das müssen wir jetzt nicht auf die Goldwaage legen.
Echt nicht? Der Kandidat investiert nur wenige Sekunden in die Abwägung, ob die Ausschreibung auf ihn passen, der Job ihn interessieren und sich die Bewerbung lohnen könnte. Da muss jeder Spiegelstrich (es dürfen nur wenige sein!) und jedes Wort (es sollten wenige, aber dafür relevante sein!) auf die Goldwaage! Auf den entsprechend abgefragten Aspekt, ob sich der Kandidat eher auf eine „allgemein gehaltene Stellenanzeige“ oder die „präzise formulierte Jobausschreibung“ bewerben würde, konnte man mit einem Schieberegler auf einer Skala von 0 >> 100 antworten:
Die Verpackung ist wichtig, der Inhalt wichtiger!
Natürlich sorgen starke Bilder (Mitarbeiter sind Markenbotschafter!) und auch eingebundene Videos für die notwendige emotionale Aufladung. Im Vergleich zu allen anderen Elementen der Anzeige ist der Text jedoch von herausragender Bedeutung.
Gebt Euch mehr Mühe, sonst…
Bleibt das austauschbare, oberflächliche, nebulöse Formulieren von Jobprofilen eventuell folgenlos? Oftmals ist es ja auch kein bewusst „schlecht“ geschriebener Text, sondern schlicht eine zeitliche Überforderung, ein fachlich („Ich weiß doch nicht, was dort genau gemacht/gefordert wird…“) oder strukturell angesiedeltes Problem („Hier ist die Fachabteilung gefordert…“). Unzweifelhaft hat es Konsequenzen. Drei Viertel aller Befragten haben sich wegen schlechter Anzeigen nicht beworben:
Lesen bildet. Wer diesen Blog und die Stellenanzeigen seiner Wettbewerber gelesen hat, weiß nun genau, was er künftig zu tun hat. Verschafft sich einen Wissensvorsprung, seinem Arbeitgeber mehr und bessere Bewerber. Und in einem der nächsten Blog-Beiträge schreibe ich etwas zum zupackenden Schreiben. Denn mit einer Kandidatenaussage müssen wir uns auch noch beschäftigen: „Bei manchen Anzeigen schlafen einem die Augen beim Lesen ein.“